Eine Besondere Sprache

Von den Bayrischen Wurzeln zu den romanzischen Verunreinigungen

In Sauris spricht man noch, neben dem Italienischen und dem Friaulisch, eine alte und faszinierende Sprache. Es handelt sich um einen deutschen Dialekt, der zur Sprach Gruppe der südbayrischen Dialekte zählt. Sie zeigt bemerkenswerte Nähe zu den Dialekten in Kärnten und Tirol. Einerseits wurde die Sauranische Sprache (de zahre sproche) im Lauf der Zeit durch den Kontakt mit den angrenzenden romanisch sprachigen Völkern beeinflusst, andererseits hat sie viele ursprüngliche Merkmale, der gesprochenen deutschen Sprache aus der Zeit bewahrt, in der die Gemeinschaft gegründet wurde, dem XIII Jahrhundert (mittelhochdeutsch) . Aus diesem Grund sind seit mehr als einem Jahrhundert italienische und ausländische Wissenschaftler an dieser lokalen Sprache interessiert. Gerade diese linguistischen Studien haben erlaubt das Gebiet zu bestimmen, aus dem die ersten Bewohner zur Zeit der Besiedelung stammten. Über Jahrhunderte wurde Sauranisch nur mündlich gebraucht; ab der Mitte des 19. Jahrhunderts hat es auch eine schriftliche Tradition und es wurden und werden auch heute noch, eine beachtliche Anzahl von Werken in Sauranisch verfasst.

Die Sauranische Sprache Heute

Kulturvereine, Chöre und Publikationen

Wie bei anderen Sprachinseln, hat sich auch in Sauris ab den 60’er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts vor allem unter der jüngeren Bevölkerung ein Rückgang im Gebrauch der Sauranischen Sprache bemerkbar gemacht. Seit einigen Jahrzehnten jedoch, hat die Konsolidierung eines neuen Bewusstseins der eigenen Wurzeln und der eigenen Identität zu einer Reihe von Initiativen zur Erhaltung und Förderung der örtlichen Kultur und Sprache geführt. Seit einigen Jahrzenten erscheint ein Kirchenblatt „De Zahre reidet“ (Sauris spricht), in dem häufig Artikel zur Geschichte und den kulturellen Besonderheiten der Gemeinschaft zu finden sind. 1974 wurde der Chor „Zahre“ gegründet, dem der Erhalt und das Wiederaufleben der traditionellen Lieder zu verdanken ist, aber auch die Entwicklung neuer Lieder, mit Texten Sauranischer Dichter und Melodien zeitgenössischer Musiker aus dem Friaul. Zur selben Zeit entstand der Sauranische Kultur Zirkel „Fulgenzio Schneider“ der Aktivitäten und Initiativen zur Förderung der örtlichen Sprache anbietet. Auch die Gemeinde Sauris hat diverse Projekte zum Schutz des Sauranisch auf ihr Konto zu buchen. 2008 wurde das Wörterbuch „Zahrer Wörterbuch – vocabolario saurano“ herausgegeben, das Ergebnis einer langen Forschungsarbeit des Prof. Norman Denison. Seit etwa fünfzehn Jahren sind die Sauranische Sprache und die örtlichen Traditionen Teil des Lehrplanes der ansässigen Schule. Das Sauranisch ist heute vom Italienischen Staat anerkannt und mit dem Gesetz L.482/1999 sowie von der Region Friaul Julisch Venetien mit dem Regional Gesetz L.R.20/2009 geschützt.

Die Ortsnamenkunde

Die Herkunft der Ortsnamen

Einer der Bereiche in denen die lokale Sprache am besten konserviert wurde ist die Ortsnamenkunde. In den alten Karten, den Dokumenten im Archiv und den Schriften lokaler Autoren finden sich zahlreiche Beispiele für sauranische Ortsnamen, die zu einem großen Teil auf die Zeit der Erstbesiedelung des Gebietes durch die Bewohner deutscher Sprache zurückgehen. Die wenigen nicht germanisch stämmigen Namen sind solche, die einigen Orten schon vorher, von romanisch sprachigen Bewohner der umliegenden Gebiete (karnien und Cadore), gegeben worden waren. Sie befinden sich denn auch sämtlich im Randbereich des Gemeindegebietes.
Der Name Sauris (der in den Dokumenten als Saures, Sauras,Saurya aufscheint) von dem auch die deutsche Form Zahre stammt, scheint auf einen präromanischen Gewässernamen „savira“ (der Wasserlauf“)zurückzugehen. Vom Namen Saures stammt auch die Abwandlung Zahre, mit der die Bewohner die Ortschaft in ihrer Sprache deutschen Ursprungs bezeichnen.
In der lokalen Sprache heißen die Ortsteile Dörf, „Dorf“ (Sauris di Sotto), Plotzn „Waldlichtung“ (Sauris di Sopra), Velt, „Feld“, Latais (Lateis), vielleicht ein keltischen Wort mit der Bedeutung „Hütte, Heuschober, Schutzhütte, und Ame Lataise (La Maina)
Die Ortsnamen spiegeln die Gewohnheiten des Lebens der Gemeinschaft und das enge Verhältnis zur Umgebung. Viele Ortsnamen hängen mit den hauptsächlich ausgeübten Beschäftigungen und den Landschaftsmerkmalen zusammen. Es gibt Begriffe die häufig in den Ortsnamen auftauchen (zum Beispiel bolt; Wald;eibn; Ebene, eike;Ecke, Kuppe, laite; Hang, olbe; Alm,Weide; perkh; Berg, poch; Bach, Fluss, poudn, Ebene,; schbont; Acker, urbares Land, tol; Bach, Tal in dem ein Bach fließt) Oft kommen sie gemeinsam mit anderen Substantiven oder Adjektiven, Adverbien oder Präpositionen vor, oder in einem Diminutiv um klarzustellen auf welchen Wald, Bach oder Hügel man sich bezieht. So ist Elble die „kleine Alm“ und Vourandrolbe befindet sich „vor der Alm“, Mörtarschbont ist der Acker von Mörtar , Durebolt ist der trockene Wald und Eibnbolt der Wald in der Ebene, Kholteprune ist „die kalte Quelle“.
In einer Gemeinschaft die in einem Gebiet mit reichem Wildbestand lebte und deren vorwiegende Unterhaltsquelle die Viehzucht war, ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche Ortsnamen auf das Vorkommen von Tieren hinweisen. Rinderperkh ist „der Berg der Rinder“, Schofrestle ist „die kleine Rast der Schafe“, Vokhepeidnle das kleine Schweineplateau, Hosneikele der Hasenhügel. Manchmal sind die Tiernamen ein Hinweis auf Tierarten, die mittlerweile aus der Gegend verschwunden sind. Wie beim Pehrntol und Pehrvole, das Bärental oder die Bärenfalle (eine Tierart, die seit ein paar Jahren zögernd wieder dieses Tal besucht, nachdem 1911 das letzte Exemplar erschossen wurde).
Ebenso reich sind die Ortsnamen an Hinweisen auf Pflanzen, besonders der baumartigen Gewächse, was im Licht der Bedeutung der Waldbestände bei der Waldnutzung und der damit verbundenen Berufe zu sehen ist. So finden wir Tassach Tannenwald, Pandertone, bei der Weißtanne, Puechbolt den Buchenwald, Pame lerche, bei der Lerche, sowie auch Namen die an die Holzbearbeitung erinnern (Andersoge , beim Sägewerk, Preitcpoudn, Bretterplateau)
Und auch die Landwirtschaft hat deutliche Spuren bei den Ortsnamen hinterlassen: Namen wie Gersteribn „Erdrutschhang der Gerste“, Pan khebaslan, beim Krauthappl, oder Hoberhelbm, Haferstengel stammen von einigen Feldfrüchten, deren Anbau verbreitet war.

Die Hausnamen

Wer durch die Ortsteile von Sauris spaziert findet hier und da Holztafeln nahe den Hauseingängen mit Aufschriften, die immer mit „PA“ beginnen. Es handelt sich um die Hausnamen, Namen der Familien, die jedes Haus oder jede Häusergruppe kennzeichnet. Sie beziehen sich auf die Lage des Hauses (zum Beispiel Poudnar von poudn : Ebene, Gruebar von gruebe: Graben) den Beruf oder den Namen oder Spitzname seiner Bewohner (Maurar von Maurer, Schuestar von Schuster, Sefn von Joseph und Lukas) Das Partikel „pa“ vor dem Namen entspricht dem deutschen „bei“. Innerhalb der sauraner Dorfgemeinschaft wurden die Hausnamen, neben den Rufnamen, anstelle eines Familiennamens verwendet, um die Personen vor allem bei den häufig verwendeten identischen Rufnamen, zu unterscheiden.